Home
Agenda+Aktuelles
FRK Am Untersee
Bildeindrücke
Vom Dorf
Dorfverein
Vereine
Informationen
Kontakt

Bericht

 

 

Renaturierung Rütelibach: „E gfreuti Sach!“

FRUTHWILEN –  (cg) Im Zuge der Güterzusammenlegung Salenstein werden mehrere hundert Meter Fliessgewässer geöffnet und in ihre natürliche Form eingebettet. Eins davon ist der Rütelibach, der als Vernetzungkorridor den Untersee mit dem Wald oberhalb Fruthwilen verbindet und so wichtigen Lebensraum schafft für die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Mit der Renaturierung des Rütelibachs wird der Natur etwas zurückgegeben – zu unserem eigenen Schutz und der Natur zuliebe.

 

Dr. Raimund Hipp (links im Bild), Abteilungsleiter Natur und Landschaft des kantonalen Amts für Raumplanung, Peter Werner (Bildmitte), Projektleiter Flükiger Partner AG, und ein Grundeigentümer bei der gemeinsamen Begehung und Begutachtung der Renaturierungsmassnahmen im ersten Abschnitt des Rütelibachs.

 

Die Güterzusammenlegung der Gemeinde Salenstein nimmt Gestalt an. Unter einer Güterzusammenlegung versteht man die Erhebung und Einschätzung der Besitzverhältnisse von Grundeigentum in Wald und Flur und deren Neuverteilung mit Hinblick auf eine effiziente und einfache Bewirtschaftung unter Berücksichtigung der Ökologie. Einer Güterzusammenlegung in der Einheitsgemeinde haben die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer vor wenigen Jahren im Rahmen einer Gründungsversammlung zugesagt. Von der Güterzusammenlegung profitieren nebst den einzelnen Grundeigentümern und deren Bewirtschaftern auch die Gesamtbevölkerung der Gemeinde und nicht zuletzt jeder einzelne von nah und fern, der sich in der hiesigen Natur bewegt und sich an ihr erfreut.

Dass die Güterzusammenlegung im Gange ist, erkennt man die Tage beispielsweise an den Baggern und Maschinen, die mit dem Flurstrassenbau im Ackertobel am südlichen Ortsausgang von Fruthwilen beschäftigt sind. Doch wer genauer hinsieht, erkennt, dass der Strassenbau nur die halbe Wahrheit ist. Im hinteren Teil des Geländes wird einem bis anhin im Erdreich versteckten Rütelibach seine natürliche Form wieder geschenkt. Doch hinter der vermeintlich simplen Öffnung des Rütelibachs steckt viel mehr, als man zunächst meinen könnte. Die Renaturierung des Bachlaufs ist in zweierlei Hinsicht wichtig und wertvoll für Mensch und Natur.

 

Natürlichste Variante des Hochwasserschutzes
Im vergangenen Jahrzehnt wurde die Unterseeregion zweimal von 100-jährigen Hochwasserereignissen heimgesucht. Das Erlebte sitzt vielen noch tief in den Knochen: In Steckborn war nach den schweren Niederschlägen am 13. Juni 2000 ein Todesoper infolge der grossen und starken Wassermassen zu beklagen. Innert einer Stunden wurden 90 Millimeter Niederschlag gemessen. Mit genauso viel Niederschlag sahen sich die beiden Dörfer Berlingen und Homburg im März 2005 konfrontiert. Innert einer Stunde fielen riesige Wassermassen vom Himmel. Dieses Wasser muss irgendwo abfliessen können, hat es einmal den Boden erreicht. Die stürmischen und wasserreichen Niederschläge in Berlingen und  Homburg gingen zum Glück glimpflich aus und waren ein Beweis dafür, dass die in den beiden Gemeinden getroffenen Hochwasserschutzmassnahmen funktionieren. Mit Mannenbach ist die Einheitsgemeinde Salenstein unmittelbarer Anstösser an die Gemeinde Berlingen. Nach den beiden Unwettern 2000 und 2005 hat die Gemeinde Salenstein richtigerweise erkannt: Wir haben dieselben Gelände- und Bachstrukturen, was wenn auch uns einmal solche Wassermassen heimsuchen? Die Antwort darauf sind die Hochwasserschutzmassnahmen, die nun im Zuge der Güterzusammenlegung Schritt für Schritt umgesetzt werden. „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ wie der Volksmund sagt. Eine Renaturierung von Fliessgewässern ist die gleichermassen effektivste wie natürlichste Art des Hochwasserschutzes.

 

Von nationaler Bedeutung
Die Region entlang des Untersees ist eine Landschaft von nationaler Bedeutung. Dieses Prädikat hat ihr der Bund verliehen. Das heisst, die Landschaft unserer Heimat ist gleichzeitig Naherholungsraum für die Bevölkerung, Vernetzungsgebiet sowie Lebensraum für ganz verschiedene Tierarten und damit Ausdruck für die örtliche Artenvielfalt, der es Sorge zu tragen gilt. Deswegen muss bei Eingriffen und Veränderungen der Landschaft mit grosser Sorgfalt, Weit- und Vorsicht vorgegangen werden. Sowohl der Bund als auch der Kanton Thurgau sind an einer Landschaftsaufwertung interessiert und unterstützen das Renaturierungsprojekt mit einem Beitrag.

 

Gemeinsamer Augenschein
Landschaftsveränderungen müssen im Kanton Thurgau durch das Amt für Raumplanung beurteilt werden. Aus diesem Grund haben sich am Dienstag, 14. Januar 2013, Dr. Raimund Hipp, Leiter der Abteilung Natur und Landschaft des Raumplanungsamtes Thurgau, und Peter Werner, Projektleiter der Flükiger Partner AG und verantwortlich für die konkrete Realisierung und Umsetzung der Renaturierung des Rütelibachs, für eine Begehung vor Ort im Ackertobel getroffen. Peter Werner kann auf seine jahrelange Praxiserfahrung zurückgreifen. Seine Herausforderung besteht darin, ein für die Natur möglichst gutes Resultat zu erzielen und dabei die verschiedenen Anliegen der unterschiedlichen Interessensgruppen gleichermassen zu berücksichtigen. Für Dr. Hipp vom kantonalen Raumplanungsamt sind vornehmlich zwei Aspekte massgebend, wenn es um die Renaturierung von Fliessgewässern geht: Einerseits die sogenannte Biodiversität, das heisst die Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt und die Schaffung neuer Lebensräume für die hiesige Tier- und Pflanzenwelt, und andererseits die Optik für den Menschen, der den Lebensraum Feld, Wald und Wiese als Naherholungsraum nutzt. Beidem gilt es gleichermassen Rechnung zu tragen. Die Renaturierung des Rütelibachs ist laut Raimund Hipp auf einem sehr guten Weg. Zusammen mit Peter Werner hat er den ersten Drittel des neuen Bachbetts abgeschritten und sich von der Arbeit und den umgesetzten Massnahmen 1:1 ein Bild gemacht. Sein Hauptaugenmerk legte Hipp dabei auf die Beschaffenheit des Untergrundes, die Wahl der eingesetzten Materialen sowie die geplante Bepflanzung des Bachs. Das Resultat hat den Abteilungsleiter überzeugt. Der Kanton Thurgau ist bereit, gute Projekte mit einem Extrabeitrag zu unterstützen. Diese Begehung vor Ort ist das beste Beispiel dafür, wie viel es nebst den Bauarbeiten im Feld an sich braucht, damit ein tolles Resultat entstehen kann. Im Hintergrund braucht es dafür die Zusammenarbeit und Absprachen zwischen verschiedenen Fachstellen, sei es nebst dem Amt für Raumplanung die Jagd- und Fischereiverwaltung oder die Fachstelle für Wasserbau.

 

Wohlwollende Grundeigentümer zugunsten der Natur
Die Natur ist oftmals nicht planbar, sie hält sich an ihren eigenen Plan. Deshalb ist es gar nicht sinnvoll, der Natur mittels Technik zu viel aufzwingen zu wollen. Raimund Hipp plädiert stattdessen dafür, dem Bach die nötigen Leitplanken vorzugeben und den Rest in die Hand von Mutter Natur zu legen. Denn wenn sich der Bach seinen Weg selber suchen kann, entwickelt er sich am naturnahsten und schafft so sie die besten Lebensräume für die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Und Peter Werner ergänzt: „Der Bach ist wie ein Lebewesen – man braucht ihm nur ein paar Fixpunkte zu geben, seinen Weg sucht er sich selber.“ Damit sich der Bach so bewegen kann, wie es die Natur für ihn vorsieht, braucht es links und recht vom Bachbett grosszügig Platz. Diese Fläche geht auf Kosten der Bewirtschaftungsfläche der angrenzenden Grundeigentümer. Die Güterzusammenlegung darf sich dabei erfreulicherweise auf das Wohlwollen der angrenzenden Grundeigentümer stützen, die für das Gemeinwohl und zugunsten einer schönen Landschaft, von der alle profitieren, diese Abstriche gerne in Kauf nehmen. Auch sie sehen die Renaturierung als gelungene Lösung.

 

Im Rahmen der Gesamtgüterzusammenlegung in Salenstein profitieren rund 850 Meter Bachlauf von Renaturierungsmassnahmen. Eine eindrücklich Zahl, wie Hansjörg Hauser stolz zu berichten weiss. Als Gemeinderat und Vorsteher des Ressorts Flur und Entsorgung der Gemeinde Salenstein ist er Mitglied des Vorstands der Güterzusammenlegung und die Verbindungsperson zur politischen Gemeinde. Für Hauser sind nebst dem Hochwasserschutz ökologische Massnahmen und eine Aufwertung der Landschaftsoptik unverzichtbarer Bestandteil der Güterzusammenlegung: „Nicht nur die Landwirtschaft profitiert von der Aufwertung des Landschaftsbildes – sondern jede und jeder einzelne, der sich in der Natur bewegt und sich an ihr erfreut“, so Hansjörg Hauser. Nebst dem Gewinn für das Auge des Betrachters, legt der Gemeinderat Wert auf die ökologische Komponente: Der Rütelibach verbindet als Vernetzungskorridor den Untersee mit dem Wald oberhalb von Fruthwilen und bietet Lebensraum für die einheimische Flora und Fauna.  

 

 

René Gremlich, Fruthwiler Landwirt und als Grundeigentümer persönlich mit der Güterzusammenlegung konfrontiert, gefällt die neue Form des Rütelibachs im Ackertobel.

 Als unmittelbarer Anstösser mit seiner Parzelle an den Bach weiss er, wie viel Aufwand hinter der Renaturierung steckt: „Die Projektleitung und das Team haben gute Arbeit geleistet.

Das Resultat überzeugt mich.“ Alles in allem sei es eine gute Lösung – „e gfreuti Sach!“  



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zugriffszähler


© 2023 by Webmaster  |  Impressum